Orbansaal: Unterschied zwischen den Versionen

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== Architektur, Umbau und Erweiterung des Orbansaales ==
== Architektur, Umbau und Erweiterung des Orbansaales ==
Das Bauwerk, das Orban für seine Kuriositätensammlung hat umgestalten lassen, war Teil des Konvikt-Gebäudes der Ingolstädter Jesuiten. Den ursprünglichen Zustand des Gebäudes zeigt eine Zeichnung Karl Emils von Schafhäutl aus dem 16. Jahrhundert. Der spätere Unterbau, der aus Bogenarkaden bestand und vermutlich als Wandelhalle zwischen den Wohnungen der Jesuiten und dem Konvikt diente, hatte damals also schon bestanden. Die Fresken über den Arkaden zeigten die Wappen adliger Geschlechter und waren bis ins 19. Jahrhundert hinein sichtbar. Das Erdgeschoss bestand aus zwei großen Zimmer, im ersten Stock befand sich der große Saal.<ref>Koislmeier/ Wellnhofer (1951), S. 13.</ref> Das aufgestockte Barockgebäude aus dem 18. Jahrhundert wird durch acht Fensterachsen gegliedert. Oben wird das Geschoss durch das Dachgesims begrenzt und unten durch zwei durchgezogene Bänder. Die barocken Fensterstöcke sind von eisengeschmiedeten Beschlägen und plastischen Bändern mit Stuckaturen umrahmt. Abgeschlossen wird er oben durch ein Walmdach.<ref>Frey (1996), S. 28.</ref>
Das Bauwerk, das Orban für seine Kuriositätensammlung hat umgestalten lassen, war Teil des Konvikt-Gebäudes der Ingolstädter Jesuiten. Den ursprünglichen Zustand des Gebäudes zeigt eine Zeichnung Karl Emils von Schafhäutl aus dem 16. Jahrhundert. Der spätere Unterbau, der aus Bogenarkaden bestand und vermutlich als Wandelhalle zwischen den Wohnungen der Jesuiten und dem Konvikt diente, hatte damals also schon bestanden. Die Fresken über den Arkaden zeigten die Wappen adliger Geschlechter und waren bis ins 19. Jahrhundert hinein sichtbar. Das Erdgeschoss bestand aus zwei großen Zimmer, im ersten Stock befand sich der große Saal.<ref>Koislmeier; Wellnhofer (1951), S. 13.</ref> Das aufgestockte Barockgebäude aus dem 18. Jahrhundert wird durch acht Fensterachsen gegliedert. Oben wird das Geschoss durch das Dachgesims begrenzt und unten durch zwei durchgezogene Bänder. Die barocken Fensterstöcke sind von eisengeschmiedeten Beschlägen und plastischen Bändern mit Stuckaturen umrahmt. Abgeschlossen wird er oben durch ein Walmdach.<ref>Frey (1996), S. 28.</ref>


Die Spiegeldecke des Orbansaales weist ein hochwertig gearbeitetes Stuckdekor und Bemalung auf, die bassgeigenförmigen Eckmedaillons wurden niemals fertiggestellt. Vermutlich sollten sie vier berühmte Astronomen zeigen, von denen sich auch Ölgemälde im Stadtmuseum in Ingolstadt befinden.<ref>Ebd., S.28f.</ref> Für die nicht vollendeten Deckengemälde sind Entwürfe erhalten, die zeigen, dass drei allegorische Darstellungen vorgesehen waren, welche die geistige Verbundenheit von Theologie und Philosophie, von Astrologie und Künsten und Wissenschaft, sieben Putten als Verkörperung der Planeten und die Vier Elemente zeigen sollten. Hinzu kamen vier kleinere Bildfelder, welche für die vier Erdteile vorgesehen waren. In Verbindung mit den Ausstellungsstücken sollte so die untergeordnete Rolle des Menschen in der Gesamtschöpfung symbolisiert werden.<ref>Umbau und Erweiterung des Orbansaales in Ingolstadt (1998), S.2f.</ref> Nach der Auflösung des Jesuitenordens 1773 wurde das Gebäude zunächst von den Maltesern und dann vom Militär genutzt. Eine Theaterbühne wurde installiert, was zur Zerstörung eines Teiles der Stuckdecke führte.<ref>Ebd., S. 4.</ref>
Die Spiegeldecke des Orbansaales weist ein hochwertig gearbeitetes Stuckdekor und Bemalung auf, die bassgeigenförmigen Eckmedaillons wurden niemals fertiggestellt. Vermutlich sollten sie vier berühmte Astronomen zeigen, von denen sich auch Ölgemälde im Stadtmuseum in Ingolstadt befinden.<ref>Ebd., S.28f.</ref> Für die nicht vollendeten Deckengemälde sind Entwürfe erhalten, die zeigen, dass drei allegorische Darstellungen vorgesehen waren, welche die geistige Verbundenheit von Theologie und Philosophie, von Astrologie und Künsten und Wissenschaft, sieben Putten als Verkörperung der Planeten und die Vier Elemente zeigen sollten. Hinzu kamen vier kleinere Bildfelder, welche für die vier Erdteile vorgesehen waren. In Verbindung mit den Ausstellungsstücken sollte so die untergeordnete Rolle des Menschen in der Gesamtschöpfung symbolisiert werden.<ref>Umbau und Erweiterung des Orbansaales in Ingolstadt (1998), S.2f.</ref> Nach der Auflösung des Jesuitenordens 1773 wurde das Gebäude zunächst von den Maltesern und dann vom Militär genutzt. Eine Theaterbühne wurde installiert, was zur Zerstörung eines Teiles der Stuckdecke führte.<ref>Ebd., S. 4.</ref>

Version vom 6. Januar 2024, 14:21 Uhr

Beitrag von Maximilian Wöhrl

Der Orbansaal in Ingolstadt ist ein barockes Bauwerk, das die Jesuiten 1725 für die Sammlung des Jesuitenpaters Ferdinand Orban errichteten ließen. Es gilt als Bauwerk von nationaler und kultureller Bedeutung und als Zeugnis der „res publica literaria", der frühneuzeitlichen Gelehrtenrepublik. Der Orbansaal steht heute unter Denkmalschutz.

Geschichte

An der Konviktstraße in unmittelbarer Nachbarschaft zum Liebfrauenmünster befand sich bis 1773 der einflussreiche Hauptsitz des Jesuitenkollegs in Ingolstadt. Er bestand aus mehreren, einen Garten umschließenden, Gebäuden und beherbergte den sogenannten Orbansaal, der weit über die Grenzen Ingolstadts hinaus bekannt war und als ein Paradebeispiel der barocken Baukunst gilt.[1] Im Jahr 1725 – noch zu Lebzeiten Orbans – wurde er von den Jesuiten in Auftrag gegeben und wohl vom Stadtmaurermeister Michael Anton Prunthaller errichtet, um die reichhaltige Sammlung Ferdinand Orbans zu beherbergen. Der Bau bestand aus einem Saal, war 54 m lang und 8,5 m breit und wurde durch acht große Fenster an jeder Längsseite erhellt. Eine Plakette am Eingang  des 3500 Gulden teuren Gebäudes soll den Namen des Sammlungsherren genannt haben. Die Decke des Raumes war mit aufwendigen Stuckverzierungen versehen, die vermutlich der Bildhauer und Stuckateur Wolfgang Zächenberger beisteuerte. Diese Verzierungen zeigten unter anderem die zwölf Tierkreiszeichen, Himmelskörper, Putten, Laub- und Bandelwerk sowie antike Götter wie den römischen Sonnengott Sol. Für die Bemalung dürfte Christoph Thomas Scheffler verantwortlich gewesen sein.[2]

In diesem „Orbanischen Museum“ befand sich eine Sammlung mit Objekten von ethnographischem, religions- und kulturgeschichtlichem sowie natur- und kunstwissenschaftlichem Charakter.[3] Zwischen den Exponaten befanden sich unter anderem Gemälde von Rembrandt und Tizian und Kuriositäten wie die Hirnschale des umstrittenen englischen Bürgerkriegsfeldherren Oliver Cromwell und ein „Götz aus Menschenhaut“.[4] Ein 1774 lückenhaft angelegtes Inventar bezeugt 1289 Objekte, was eine für derlei Sammlungen ungewöhnlich niedrige Zahl darstellte. Die Exponate wurden in Vitrinen, auf Tischen und – was die Gemälde anbelangte – in den Nischen zwischen des Fenstern präsentiert und sollten, nach antikem Vorbild, einen Einblick in die Geschichte und Kultur von Mensch und Natur geben.[5] Der Raum mit seiner barocken Ausgestaltung komplettierte dabei das Bild des auf religiösen und wissenschaftlichen Standards basierenden Kuriositätenkabinetts.[6]

Nach Auflösung des Jesuitenordens wurde der Gebäudekomplex unter anderem für militärische Zwecke genutzt und der Orbansaal umfunktioniert. Nachdem er zu Beginn des 20. Jahrhunderts wohl als Theater fungiert hatte, wurde er im Krieg – zwischenzeitlich stand die Frage im Raum, ob man ihn als Stadtmuseum gebrauchen sollte – erneut dem Militär zur Verfügung gestellt. Diese Nutzung hinterließ Spuren, weshalb der Raum nach Ende des 2. Weltkrieges restauriert wurde. Der Stuck wurde in den 1960er Jahren ausgebessert, bevor in den 90er Jahren weitere Sanierungsarbeiten vorgenommen wurden. Die Stuckdecke war mehrfach übermalt worden und bedurfte besonderer Sorgfalt, weshalb sich die Deutsche Stiftung für Denkmalschutz 1997 finanziell an den Restaurierungsarbeiten beteiligte.[7]

Die Sammlung Orban ist heute in alle Himmelsrichtungen verstreut. Das Bayerische Nationalmuseum, das Staatliche Museum für Völkerkunde, welches seit 2014 den Namen „Museum Fünf Kontinente“ trägt, und die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen erhielten Exponate, ebenso das Stadtmuseum Ingolstadt. Die Entwürfe der Deckengemälde gingen an die Staatliche Kunstbibliothek in Berlin und die Staatlich Graphische Sammlung in München.[8]

Seit 1994 befand sich im Erdgeschoss des Gebäudes die Paulus-Buchhandlung, bevor sie 2018 in die Hände der Diözese Eichstätt überging und in „Buchhandlung St. Willibald am Münster“ umbenannt wurde. 2021 wurde die Buchhandlung dauerhaft geschlossen.

Architektur, Umbau und Erweiterung des Orbansaales

Das Bauwerk, das Orban für seine Kuriositätensammlung hat umgestalten lassen, war Teil des Konvikt-Gebäudes der Ingolstädter Jesuiten. Den ursprünglichen Zustand des Gebäudes zeigt eine Zeichnung Karl Emils von Schafhäutl aus dem 16. Jahrhundert. Der spätere Unterbau, der aus Bogenarkaden bestand und vermutlich als Wandelhalle zwischen den Wohnungen der Jesuiten und dem Konvikt diente, hatte damals also schon bestanden. Die Fresken über den Arkaden zeigten die Wappen adliger Geschlechter und waren bis ins 19. Jahrhundert hinein sichtbar. Das Erdgeschoss bestand aus zwei großen Zimmer, im ersten Stock befand sich der große Saal.[9] Das aufgestockte Barockgebäude aus dem 18. Jahrhundert wird durch acht Fensterachsen gegliedert. Oben wird das Geschoss durch das Dachgesims begrenzt und unten durch zwei durchgezogene Bänder. Die barocken Fensterstöcke sind von eisengeschmiedeten Beschlägen und plastischen Bändern mit Stuckaturen umrahmt. Abgeschlossen wird er oben durch ein Walmdach.[10]

Die Spiegeldecke des Orbansaales weist ein hochwertig gearbeitetes Stuckdekor und Bemalung auf, die bassgeigenförmigen Eckmedaillons wurden niemals fertiggestellt. Vermutlich sollten sie vier berühmte Astronomen zeigen, von denen sich auch Ölgemälde im Stadtmuseum in Ingolstadt befinden.[11] Für die nicht vollendeten Deckengemälde sind Entwürfe erhalten, die zeigen, dass drei allegorische Darstellungen vorgesehen waren, welche die geistige Verbundenheit von Theologie und Philosophie, von Astrologie und Künsten und Wissenschaft, sieben Putten als Verkörperung der Planeten und die Vier Elemente zeigen sollten. Hinzu kamen vier kleinere Bildfelder, welche für die vier Erdteile vorgesehen waren. In Verbindung mit den Ausstellungsstücken sollte so die untergeordnete Rolle des Menschen in der Gesamtschöpfung symbolisiert werden.[12] Nach der Auflösung des Jesuitenordens 1773 wurde das Gebäude zunächst von den Maltesern und dann vom Militär genutzt. Eine Theaterbühne wurde installiert, was zur Zerstörung eines Teiles der Stuckdecke führte.[13]

1993 wurde das Diözesanbauamt und ein Architekturbüro damit beauftragt in Erfahrung zu bringen, ob die Möglichkeit bestünde, eine Buchhandlung der Paulusschwestern und das Büro des Stadtdekanats im Erdgeschoss des Gebäudes unterzubringen. Zudem wollte man eine eventuelle Sanierung des Obergeschosses prüfen lassen.[14] Um all das zu ermöglichen, wurde ein Vorplatz angelegt, um den Innenhof des Canisiuskonvikts zu beruhigen.[15] Hinzu kam eine Stahl-Glas-Konstruktion die an einer der Außenwände des Gebäudes angebracht wurde und die als Treppenhaus dient. Die Theaterbühne wurde entfernt und die Stuckdecke restauriert. Im südlichen Arkadenbereich  und wurde der Buchladen untergebracht, die Dekanatsratsräume im nördlichen Bereich. Zudem wurde die Verglasung der Fenster verändert, um dem ursprünglichen Zustand näher zu kommen und die Stuckprofilierung der Pfeiler zu bewahren.[16]

Fußnoten

  1. Scheurmann (2007), https://www.monumente-online.de/de/ausgaben/2007/2/der-orbansaal-in-ingolstadt.php.
  2. Ebd.
  3. Ebd.
  4. Ebd.
  5. Ebd.
  6. Ebd.
  7. Ebd.
  8. Ebd.
  9. Koislmeier; Wellnhofer (1951), S. 13.
  10. Frey (1996), S. 28.
  11. Ebd., S.28f.
  12. Umbau und Erweiterung des Orbansaales in Ingolstadt (1998), S.2f.
  13. Ebd., S. 4.
  14. Ebd., S. 7.
  15. Ebd., S. 12.
  16. Ebd., S. 14f.

Literatur

  • Frey, Karl: Baudokumentation. Umbau und Sanierung des Orbansaals. In: Festschrift zum 75jährigen Bestehen des Canisiuskonvikts Ingolstadt 1995 und zur Generalisierung des Orbansaals 1996. Ingolstadt 1996. S. 28-31.
  • Koislmeier, Franz; Wellnhofer, Matthias: „Ebenso könnte Rom Ingolstadt beneiden…“. Der Orbansaal. In: IHB 14/4. Ingolstadt 1951. S. 13-14.
  • Scheuermann, Ingrid: Der Orbansaal in Ingolstadt. Ein "Gemach, welches zu denen Studiis gewidmet ist". Online verfügbar unter https://www.monumente-online.de/de/ausgaben/2007/2/der-orbansaal-in-ingolstadt.php. Zuletzt geprüft am 09.10.2023.
  • Umbau und Erweiterung des Orbansaales in Ingolstadt. Ingolstadt 1998.
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