Eisenbahn in Ingolstadt: Unterschied zwischen den Versionen

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Aufgrund seiner topographischen Lage war Ingolstadt seit jeher ein verkehrstechnischer Knotenpunkt. Schon früh kreuzten sich hier die wichtigen Hauptverkehrswege Venedig – München – Nürnberg von Süden nach Norden mit der an der Donau entlanglaufenden Straße von Osten nach Westen. Der Güter- und Personenverkehr wurde dabei bis ins 19. Jahrhundert hinein hauptsächlich über die Donau und den Kutschentransport abgewickelt.<ref>Schönewald.</ref>
Aufgrund seiner topographischen Lage war Ingolstadt seit jeher ein verkehrstechnischer Knotenpunkt. Schon früh kreuzten sich hier die wichtigen Hauptverkehrswege Venedig – München – Nürnberg von Süden nach Norden mit der an der Donau entlanglaufenden Straße von Osten nach Westen. Der Güter- und Personenverkehr wurde dabei bis ins 19. Jahrhundert hinein hauptsächlich über die Donau und den Kutschentransport abgewickelt.<ref>Schönewald.</ref>


Die ersten Überlegungen, einen Bahnhof in Ingolstadt zu errichten, begannen im Jahr 1860. Obwohl es eine Reihe von Entwürfen gab, wurden zwei Möglichkeiten intensiver diskutiert. Zum einen stand zur Debatte, den Bahnhof innerhalb der Landesfestung zu errichten, womit er besser geschützt wäre. Zum anderen war ein Bau außerhalb der Festung im Gespräch, was einen späteren Ausbau ermöglicht hätte. Hierbei wäre die Entfernung zur Stadt aber nachteilig gewesen. Im Oktober 1863 wurde der Bau beschlossen, die Uneinigkeit über die Lage blieb jedoch noch Jahre bestehen. Das [[Ingolstädter Gemeindekollegium]] richtete am 16. August 1865 ein Gesuch an König Maximilian II. und bat um einen baldigen Beginn des Baus. Ein für die Grundablösung angesetztes Treffen war für den 5. August 1865 terminiert, wurde jedoch abgesagt. Als Ort für den Bahnhof war der alte Exerzierplatz vorgesehen, weitere Verhandlungen brachten jedoch nicht die gewünschte Endgültigkeit. 1864 hatte das Kriegsministerium eine Bahnlinie innerhalb des Festungsbereiches beschlossen, die Entscheidung über die Lage des Centralbahnhofs stand noch aus. Eine Kommission aus Vertretern von Militär und der Staatsbahndirektion legte sich schließlich auf den Bau eines Lokalbahnhofs – des späteren Nordbahnhofs – in Festungsnähe sowie eines Centralbahnhofs in Oberstimm, südlich von Ingolstadt, fest. Als die erste Bahnlinie München – Ingolstadt am 14. November 1867 eröffnet wurde, befand sich am Ort des heutigen Hauptbahnhofs jedoch lediglich ein Provisorium aus Brettern.<ref>Ebd.</ref>
Die ersten Überlegungen, einen Bahnhof in Ingolstadt zu errichten, begannen im Jahr 1860. Obwohl es eine Reihe von Entwürfen gab, wurden zwei Möglichkeiten intensiver diskutiert. Zum einen stand zur Debatte, den Bahnhof innerhalb der [[Festung Ingolstadt|Landesfestung]] zu errichten, womit er besser geschützt wäre. Zum anderen war ein Bau außerhalb der Festung im Gespräch, was einen späteren Ausbau ermöglicht hätte. Hierbei wäre die Entfernung zur Stadt aber nachteilig gewesen. Im Oktober 1863 wurde der Bau beschlossen, die Uneinigkeit über die Lage blieb jedoch noch Jahre bestehen. Das [[Ingolstädter Gemeindekollegium]] richtete am 16. August 1865 ein Gesuch an König Maximilian II. und bat um einen baldigen Beginn des Baus. Ein für die Grundablösung angesetztes Treffen war für den 5. August 1865 terminiert, wurde jedoch abgesagt. Als Ort für den Bahnhof war der alte Exerzierplatz vorgesehen, weitere Verhandlungen brachten jedoch nicht die gewünschte Endgültigkeit. 1864 hatte das Kriegsministerium eine Bahnlinie innerhalb des Festungsbereiches beschlossen, die Entscheidung über die Lage des [[Hauptbahnhof|Centralbahnhofs]] stand noch aus. Eine Kommission aus Vertretern von Militär und der Staatsbahndirektion legte sich schließlich auf den Bau eines [[Nordbahnhof|Lokalbahnhofs]] – des späteren Nordbahnhofs – in Festungsnähe sowie eines Centralbahnhofs in [[Oberstimm]], südlich von Ingolstadt, fest. Als die erste Bahnlinie München – Ingolstadt am 14. November 1867 eröffnet wurde, befand sich am Ort des heutigen Hauptbahnhofs jedoch lediglich ein Provisorium aus Brettern.<ref>Ebd.</ref>


Der deutsch-französische Krieg 1870/71 verzögerte den Bau des Hauptbahnhofs weiter, da die verhandelnden Parteien – Kriegsministerium und Staatsbahndirektion – anderweitig beschäftigt waren. Die Bürger der Stadt richteten schließlich eine Petition an die beiden genannten Stellen sowie an den Landtag und das Handelsministerium, um eine Verlagerung des Bahnhofs Richtung Stadt zu erwirken. Erst das Eingreifen Ludwigs II. am 1. Juni 1871 brachte das gewünschte Ergebnis.<ref>Ebd.</ref>
Der deutsch-französische Krieg 1870/71 verzögerte den Bau des Hauptbahnhofs weiter, da die verhandelnden Parteien – Kriegsministerium und Staatsbahndirektion – anderweitig beschäftigt waren. Die Bürger der Stadt richteten schließlich eine Petition an die beiden genannten Stellen sowie an den Landtag und das Handelsministerium, um eine Verlagerung des Bahnhofs Richtung Stadt zu erwirken. Erst das Eingreifen Ludwigs II. am 1. Juni 1871 brachte das gewünschte Ergebnis.<ref>Ebd.</ref>
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Eröffnet wurde der Centralbahnhof am 1. Juni 1874. Ebenso wurde am gleichen Tag die Bahnlinie Ingolstadt – Regensburg für den Betrieb freigegeben. Am 15. August 1874 folgte die Linie Ingolstadt – Augsburg. Die Lokalbahn Ingolstadt – Dolling wurde am 1. Oktober 1903 eröffnet und erhielt am 1. Oktober des Folgejahres eine Weiterführung nach Riedenburg. Die Inbetriebnahme des Ingolstädter Bahnhofs samt der fünf Linien nach München, Treuchtlingen, Regensburg, Donauwörth und Augsburg machte die Überlandwege für den Personenverkehr obsolet, sodass diese fortan hauptsächlich für den Postverkehr genutzt wurden.<ref>Ebd.</ref>
Eröffnet wurde der Centralbahnhof am 1. Juni 1874. Ebenso wurde am gleichen Tag die Bahnlinie Ingolstadt – Regensburg für den Betrieb freigegeben. Am 15. August 1874 folgte die Linie Ingolstadt – Augsburg. Die Lokalbahn Ingolstadt – Dolling wurde am 1. Oktober 1903 eröffnet und erhielt am 1. Oktober des Folgejahres eine Weiterführung nach Riedenburg. Die Inbetriebnahme des Ingolstädter Bahnhofs samt der fünf Linien nach München, Treuchtlingen, Regensburg, Donauwörth und Augsburg machte die Überlandwege für den Personenverkehr obsolet, sodass diese fortan hauptsächlich für den Postverkehr genutzt wurden.<ref>Ebd.</ref>


Da der Centralbahnhof etwa 3 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt lag, wurde eine [[Pferdebahn]] vom Centralbahnhof bis zum Poppenbräu vor dem Münster eingerichtet.<ref>Donaukurier (2011).</ref> Sie war vom 10. November 1878 bis zum 3. März 1921 in Betrieb.<ref>Schönewald.</ref>
Da der Centralbahnhof etwa 3 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt lag, wurde eine [[Pferdebahn]] vom Centralbahnhof bis zum [[Poppenbräu]] vor dem [[Liebfrauenmünster|Münster]] eingerichtet.<ref>Donaukurier (2011).</ref> Sie war vom 10. November 1878 bis zum 3. März 1921 in Betrieb.<ref>Schönewald.</ref>


Seit dem 3. November 1875 wurden zehn – von der politischen Gliederung Bayerns unabhängige – Oberbahnämter eingerichtet, von denen auch eines in Ingolstadt eröffnet wurde.<ref>Ebd.</ref>
Seit dem 3. November 1875 wurden zehn – von der politischen Gliederung Bayerns unabhängige – Oberbahnämter eingerichtet, von denen auch eines in Ingolstadt eröffnet wurde.<ref>Ebd.</ref>


== Der Nordbahnhof ==
== Der Nordbahnhof ==
Der Nordbahnhof entstand in Folge eines Befehls von höchster Stelle, der eine Eisenbahn-Kompanie für die Bayerische Armee innerhalb der [[Festung Ingolstadt|Landesfestung]] forderte. Diese Kompanie war für den Bau des Lokalbahnhofs, des heutigen Nordbahnhofs, zuständig. Unter Major Adolf de Ahna zog die Kompanie am 1. Dezember 1873 in Ingolstadt ein und war zunächst in der [[Fronte Raglovich]] stationiert, bevor sie im Südwestflügel der [[Donaukaserne]] untergebracht wurde. Die sechs Offiziere und 128 Soldaten halfen beim Bau der Weichen, des Telegraphen, des Oberbaus und bei der Unterhaltung und dem Stationsdienst der Linie Lokalbahnhof – [[Militärbahnhof]], die seit 1877 an der Donaulände verlief. Die Strecke an der Donaulände wurde ab 1888 gänzlich vom Lokalbahnhof übernommen. Zum damals schon vorhandenen Wagenladungsverkehr kam ab dem 1. Mai 1903 noch der Stückgutverkehr.<ref>Ebd.</ref>
Der Nordbahnhof entstand in Folge eines Befehls von höchster Stelle, der eine Eisenbahn-Kompanie für die Bayerische Armee innerhalb der [[Festung Ingolstadt|Landesfestung]] forderte. Diese Kompanie war für den Bau des Lokalbahnhofs, des heutigen Nordbahnhofs, zuständig. Unter Major Adolf de Ahna zog die Kompanie am 1. Dezember 1873 in Ingolstadt ein und war zunächst in der [[Fronte Raglovich]] stationiert, bevor sie im Südwestflügel der [[Donaukaserne]] untergebracht wurde. Die sechs Offiziere und 128 Soldaten halfen beim Bau der Weichen, des Telegraphen, des Oberbaus und bei der Unterhaltung und dem Stationsdienst der Linie Lokalbahnhof – [[Militärbahnhof]], die seit 1877 an der [[Donaulände]] verlief. Die Strecke an der Donaulände wurde ab 1888 gänzlich vom Lokalbahnhof übernommen. Zum damals schon vorhandenen Wagenladungsverkehr kam ab dem 1. Mai 1903 noch der Stückgutverkehr.<ref>Ebd.</ref>


== Geschichte der Eisenbahn in Ingolstadt bis zum Zweiten Weltkrieg ==
== Geschichte der Eisenbahn in Ingolstadt bis zum Zweiten Weltkrieg ==
Ab 1906 wurde die Verwaltung der Eisenbahn umstrukturiert und die ursprünglichen zehn Eisenbahndirektionen auf fünf reduziert, wovon auch Ingolstadt betroffen war. Als Ausgleich erhielt Ingolstadt das Wagenamt sowie eine Betriebs-, Bau- und Maschineninspektion. Am 22. Dezember 1909 wurde gesetzlich festgeschrieben, eine Hauptwerkstätte zur Ausbesserung von Lokomotiven zu errichten.
Ab 1906 wurde die Verwaltung der Eisenbahn umstrukturiert und die ursprünglichen zehn Eisenbahndirektionen auf fünf reduziert, wovon auch Ingolstadt betroffen war. Als Ausgleich erhielt Ingolstadt das Wagenamt sowie eine Betriebs-, Bau- und Maschineninspektion. Am 22. Dezember 1909 wurde gesetzlich festgeschrieben, eine Hauptwerkstätte zur Ausbesserung von Lokomotiven zu errichten.


Während des Ersten Weltkrieges war Ingolstadt ein wichtiger Baustein in der Rüstungsindustrie. Dies sowie die günstige Lage und die Einbindung in das Schienennetz sorgten dafür, dass die Stadt zu einem wichtigen Faktor für die Versorgung des Militärs mit Waffen und Munition und den Krankentransport wurde.<ref>Ebd.</ref> Ab 1918 gewann auch der Nordbahnhof an Relevanz und wurde in den Jahren von 1920 bis 1924 zu einem Bahnhof erster Klasse umgewandelt, dessen Bedeutung über die militärisch-strategische Dimension hinausging. Nach dem Ersten Weltkrieg sorgte der Versailler Vertrag für ein reduziertes Militärkontingent, was die Stadt in eine wirtschaftlich prekäre Lage brachte. Milderung brachte der Ausbau des Reichsbahnausbesserungswerkes.<ref>Ebd.</ref>
Während des Ersten Weltkrieges war Ingolstadt ein wichtiger Baustein in der Rüstungsindustrie. Dies sowie die günstige Lage und die Einbindung in das Schienennetz sorgten dafür, dass die Stadt zu einem wichtigen Faktor für die Versorgung des Militärs mit Waffen und Munition und den Krankentransport wurde.<ref>Ebd.</ref> Ab 1918 gewann auch der Nordbahnhof an Relevanz und wurde in den Jahren von 1920 bis 1924 zu einem Bahnhof erster Klasse umgewandelt, dessen Bedeutung über die militärisch-strategische Dimension hinausging. Nach dem Ersten Weltkrieg sorgte der Versailler Vertrag für ein reduziertes Militärkontingent, was die Stadt in eine wirtschaftlich prekäre Lage brachte. Milderung brachte der Ausbau des [[Reichsbahnausbesserungswerkes]].<ref>Ebd.</ref>


Mit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten wurde Ingolstadt remilitarisiert, die Munitionsfabriken wiedereröffnet und die Stadt erneut zur Garnison. Der Central- und der Nordbahnhof wurden wieder militärisch relevant. Dies hatte zur Folge, dass die Ingolstädter Bahninfrastruktur Angriffen der amerikanischen Luftwaffe ausgesetzt war, die zur Zerstörung der Bahnlinien und des Centralbahnhofs führten.<ref>Ebd.</ref>
Mit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten wurde Ingolstadt remilitarisiert, die Munitionsfabriken wiedereröffnet und die Stadt erneut zur Garnison. Der Central- und der Nordbahnhof wurden wieder militärisch relevant. Dies hatte zur Folge, dass die Ingolstädter Bahninfrastruktur Angriffen der amerikanischen Luftwaffe ausgesetzt war, die zur Zerstörung der Bahnlinien und des Centralbahnhofs führten.<ref>Ebd.</ref>

Version vom 4. Januar 2024, 11:21 Uhr

Beitrag von Maximilian Wöhrl

Die Geschichte der Eisenbahn in Ingolstadt ist eng mit der Geschichte des Hauptbahnhofs und des Nordbahnhofs verbunden. Am 14. November 1867 wurde Ingolstadt mit der Eröffnung der Bahnlinie München – Ingolstadt in das Verkehrsnetz der Königlich Bayerischen Staatseisenbahnen eingebunden, womit eines der wichtigsten Kapitel der Ingolstädter Verkehrsgeschichte begann.

Die Anfänge

Aufgrund seiner topographischen Lage war Ingolstadt seit jeher ein verkehrstechnischer Knotenpunkt. Schon früh kreuzten sich hier die wichtigen Hauptverkehrswege Venedig – München – Nürnberg von Süden nach Norden mit der an der Donau entlanglaufenden Straße von Osten nach Westen. Der Güter- und Personenverkehr wurde dabei bis ins 19. Jahrhundert hinein hauptsächlich über die Donau und den Kutschentransport abgewickelt.[1]

Die ersten Überlegungen, einen Bahnhof in Ingolstadt zu errichten, begannen im Jahr 1860. Obwohl es eine Reihe von Entwürfen gab, wurden zwei Möglichkeiten intensiver diskutiert. Zum einen stand zur Debatte, den Bahnhof innerhalb der Landesfestung zu errichten, womit er besser geschützt wäre. Zum anderen war ein Bau außerhalb der Festung im Gespräch, was einen späteren Ausbau ermöglicht hätte. Hierbei wäre die Entfernung zur Stadt aber nachteilig gewesen. Im Oktober 1863 wurde der Bau beschlossen, die Uneinigkeit über die Lage blieb jedoch noch Jahre bestehen. Das Ingolstädter Gemeindekollegium richtete am 16. August 1865 ein Gesuch an König Maximilian II. und bat um einen baldigen Beginn des Baus. Ein für die Grundablösung angesetztes Treffen war für den 5. August 1865 terminiert, wurde jedoch abgesagt. Als Ort für den Bahnhof war der alte Exerzierplatz vorgesehen, weitere Verhandlungen brachten jedoch nicht die gewünschte Endgültigkeit. 1864 hatte das Kriegsministerium eine Bahnlinie innerhalb des Festungsbereiches beschlossen, die Entscheidung über die Lage des Centralbahnhofs stand noch aus. Eine Kommission aus Vertretern von Militär und der Staatsbahndirektion legte sich schließlich auf den Bau eines Lokalbahnhofs – des späteren Nordbahnhofs – in Festungsnähe sowie eines Centralbahnhofs in Oberstimm, südlich von Ingolstadt, fest. Als die erste Bahnlinie München – Ingolstadt am 14. November 1867 eröffnet wurde, befand sich am Ort des heutigen Hauptbahnhofs jedoch lediglich ein Provisorium aus Brettern.[2]

Der deutsch-französische Krieg 1870/71 verzögerte den Bau des Hauptbahnhofs weiter, da die verhandelnden Parteien – Kriegsministerium und Staatsbahndirektion – anderweitig beschäftigt waren. Die Bürger der Stadt richteten schließlich eine Petition an die beiden genannten Stellen sowie an den Landtag und das Handelsministerium, um eine Verlagerung des Bahnhofs Richtung Stadt zu erwirken. Erst das Eingreifen Ludwigs II. am 1. Juni 1871 brachte das gewünschte Ergebnis.[3]

Bau und Inbetriebnahme des Centralbahnhofs

Das Foto zeigt das Gebäude des Hauptbahnhofs Ingolstadt vor der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg 1945. Dahinter sind Gleise zu sehen.
Der Hauptbahnhof Ingolstadt vor der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg 1945

1872 wurde mit dem Bau des Centralbahnhofs begonnen. Die Baustelle befand sich an dem Ort, an welcher der Hauptbahnhof auch heute noch zu finden ist. Aufgrund der zahlreichen Linien, die von dort zur Festung verliefen, war es den Erbauern nicht möglich, größere Rangierflächen einzuplanen. Daher war der Bahnhof um einiges länger (1020 m) als breit (115 m), wobei die Strecke München – Treuchtlingen als Längsachse der Anlage fungierte. Die Anlage umfasste Gleise für fünf Strecken, Rangier-, Lade- und Maschinengleise mit den dazugehörigen Weichen, Kreuzungen, Drehscheiben und Wasserentnahmevorrichtungen.[4]

Der Münchener Architekt Jakob Graff war für die Konzeption des Hauptgebäudes verantwortlich. Neben dem Betriebshauptgebäude mitsamt seinen zwei Nebengebäuden bestand der Centralbahnhof unter anderem aus einem Oberbahnamtsgebäude, Ladehallen, Dienstwohnungen und Lokomotivremisen. Der Bahnhof wurde so konzipiert, dass er auch für militärische Inanspruchnahme dienlich war. So gab es spezielle, über ein Tunnelsystem verbundene Bahnsteige und Laderampen für Militärzüge.[5]

Eröffnet wurde der Centralbahnhof am 1. Juni 1874. Ebenso wurde am gleichen Tag die Bahnlinie Ingolstadt – Regensburg für den Betrieb freigegeben. Am 15. August 1874 folgte die Linie Ingolstadt – Augsburg. Die Lokalbahn Ingolstadt – Dolling wurde am 1. Oktober 1903 eröffnet und erhielt am 1. Oktober des Folgejahres eine Weiterführung nach Riedenburg. Die Inbetriebnahme des Ingolstädter Bahnhofs samt der fünf Linien nach München, Treuchtlingen, Regensburg, Donauwörth und Augsburg machte die Überlandwege für den Personenverkehr obsolet, sodass diese fortan hauptsächlich für den Postverkehr genutzt wurden.[6]

Da der Centralbahnhof etwa 3 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt lag, wurde eine Pferdebahn vom Centralbahnhof bis zum Poppenbräu vor dem Münster eingerichtet.[7] Sie war vom 10. November 1878 bis zum 3. März 1921 in Betrieb.[8]

Seit dem 3. November 1875 wurden zehn – von der politischen Gliederung Bayerns unabhängige – Oberbahnämter eingerichtet, von denen auch eines in Ingolstadt eröffnet wurde.[9]

Der Nordbahnhof

Der Nordbahnhof entstand in Folge eines Befehls von höchster Stelle, der eine Eisenbahn-Kompanie für die Bayerische Armee innerhalb der Landesfestung forderte. Diese Kompanie war für den Bau des Lokalbahnhofs, des heutigen Nordbahnhofs, zuständig. Unter Major Adolf de Ahna zog die Kompanie am 1. Dezember 1873 in Ingolstadt ein und war zunächst in der Fronte Raglovich stationiert, bevor sie im Südwestflügel der Donaukaserne untergebracht wurde. Die sechs Offiziere und 128 Soldaten halfen beim Bau der Weichen, des Telegraphen, des Oberbaus und bei der Unterhaltung und dem Stationsdienst der Linie Lokalbahnhof – Militärbahnhof, die seit 1877 an der Donaulände verlief. Die Strecke an der Donaulände wurde ab 1888 gänzlich vom Lokalbahnhof übernommen. Zum damals schon vorhandenen Wagenladungsverkehr kam ab dem 1. Mai 1903 noch der Stückgutverkehr.[10]

Geschichte der Eisenbahn in Ingolstadt bis zum Zweiten Weltkrieg

Ab 1906 wurde die Verwaltung der Eisenbahn umstrukturiert und die ursprünglichen zehn Eisenbahndirektionen auf fünf reduziert, wovon auch Ingolstadt betroffen war. Als Ausgleich erhielt Ingolstadt das Wagenamt sowie eine Betriebs-, Bau- und Maschineninspektion. Am 22. Dezember 1909 wurde gesetzlich festgeschrieben, eine Hauptwerkstätte zur Ausbesserung von Lokomotiven zu errichten.

Während des Ersten Weltkrieges war Ingolstadt ein wichtiger Baustein in der Rüstungsindustrie. Dies sowie die günstige Lage und die Einbindung in das Schienennetz sorgten dafür, dass die Stadt zu einem wichtigen Faktor für die Versorgung des Militärs mit Waffen und Munition und den Krankentransport wurde.[11] Ab 1918 gewann auch der Nordbahnhof an Relevanz und wurde in den Jahren von 1920 bis 1924 zu einem Bahnhof erster Klasse umgewandelt, dessen Bedeutung über die militärisch-strategische Dimension hinausging. Nach dem Ersten Weltkrieg sorgte der Versailler Vertrag für ein reduziertes Militärkontingent, was die Stadt in eine wirtschaftlich prekäre Lage brachte. Milderung brachte der Ausbau des Reichsbahnausbesserungswerkes.[12]

Mit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten wurde Ingolstadt remilitarisiert, die Munitionsfabriken wiedereröffnet und die Stadt erneut zur Garnison. Der Central- und der Nordbahnhof wurden wieder militärisch relevant. Dies hatte zur Folge, dass die Ingolstädter Bahninfrastruktur Angriffen der amerikanischen Luftwaffe ausgesetzt war, die zur Zerstörung der Bahnlinien und des Centralbahnhofs führten.[13]

Das Ingolstädter Ausbesserungswerk

Das Foto zeigt Gebäude des Eisenbahnausbesserungswerkes am Hauptbahnhof Ingolstadt um 1927. Davor sind Gleise und Züge zu sehen.
Das Eisenbahnausbesserungswerk um 1927

Aufgrund der verkehrstechnischen Wichtigkeit Ingolstadts wurde 1909 ein Ausbesserungswerk für Lokomotiven genehmigt, das jedoch erst 1914 fertiggestellt werden konnte. Mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges wurden die noch leeren Hallen des Werkes als Lazarett genutzt. Die eigentlichen Reparaturarbeiten an Zügen begannen ab 1917.[14] Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Ingolstädter Bahndienststelle, zu der neben dem Bauamt, dem Maschinenamt und dem Bahnbetriebswerk auch das Ausbesserungswerk gehörte, zu einem der wichtigsten Arbeitgeber der Region und beschäftigte Schätzungen zufolge nahezu 3.000 Mitarbeiter. Während des Zweiten Weltkrieges wurde auch dieses Werk infolge der Bombardierung Ingolstadts stark in Mitleidenschaft gezogen.[15]

In jedem der 50 innerdeutschen Eisenbahnausbesserungswerke wurden andere Lokomotiv-Typen instandgehalten. Ingolstadt war für die P 8 (Personenzuglokomotive) und die G 10 (Güterzuglokomotive) zuständig, später kam die BR 23 (Schnellzuglokomotive) hinzu. Insgesamt wurden in Ingolstadt ca. 17.000 Loks überholt.[16]

Die letzte Dampflok wurde 1961 in Ingolstadt ausgebessert, bevor das Werk im Jahr 1966 geschlossen wurde.[17]

Intercity-Bahnhof und ICE

Am 26. September 1971 wurde Ingolstadt in den Intercity-Verkehr aufgenommen und der Hauptbahnhof zum IC-Halt, wobei es zunächst nur ein IC-Zugpaar gab, das über Ingolstadt fuhr.[18] Hierbei handelte es sich einerseits um den IC 123 „Nymphenburg“ von Wiesbaden nach München mit einem planmäßigen Halt in Ingolstadt und andererseits um den IC 126 „Herrenhausen“, der von München kam, in Ingolstadt hielt und danach Richtung Dortmund und Hannover weiterfuhr.[19] Mit den Jahren wuchs die IC-Infrastruktur, bis 1991/92 auch in Ingolstadt die ersten Intercity-Express-Züge zum Einsatz kamen. Anfang der 1990er Jahre wurde Ingolstadt zudem zum Interregio-Halt, da die Deutsche Bahn beabsichtigte, die veralteten D-Züge abzulösen.

Ab dem 29. Mai 1995 machte das damalige Vorzeigemodell der Bahn, der ICE 821 „Main-Kurier“, planmäßig in Ingolstadt Halt, bevor er seinen Endbahnhof in München ansteuerte. Damit war die Stadt endgültig im ICE-Zeitalter angekommen.[20] Seitdem kam es zu einem stetigen Ausbau des ICE-Netzes und wiederholten Fahrplanänderungen. Der Ausbau der ICE-Verbindung Nürnberg – München machte eine neue Eisenbahnbrücke, die über die Donau führte, erforderlich. Die ursprüngliche Fachwerkbrücke aus dem Jahr 1869, die man 1922 renoviert hatte, wurde ausgebaut und erweitert. Die neue Brücke ist 184,09 m lang und 6,70 m breit. Besonders charakteristisch für die neue Stahlbrücke sind drei 3,5 m große stählerne Wellen.[21]

Fußnoten

  1. Schönewald.
  2. Ebd.
  3. Ebd.
  4. Ebd.
  5. Ebd.
  6. Ebd.
  7. Donaukurier (2011).
  8. Schönewald.
  9. Ebd.
  10. Ebd.
  11. Ebd.
  12. Ebd.
  13. Ebd.
  14. Donaukurier (2014).
  15. Ebd.
  16. Ebd.
  17. Donaukurier (2017).
  18. bahnknoten-ingolstadt.
  19. Ebd.
  20. Ebd.
  21. schlaich bergermann partner.

Quellen

  • Stadtmuseum Ingolstadt, Inventarnummer 10106: KÖF II (Kleinlokomotive mit Ölmotor) der DESPAG.

Literatur

Empfohlene Zitierweise

Wöhrl, Maximilian: Eisenbahn in Ingolstadt. Hrsg. v. Zentrum Stadtgeschichte Ingolstadt. 2024 (Stadtgeschichtslexikon). Online verfügbar unter https://stadtgeschichtslexikon.ingolstadt.de/wiki/Eisenbahn_in_Ingolstadt (Version vom 13.05.2024), zuletzt geprüft am 08.12.2025.

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