Wanderherberge Ingolstadt: Unterschied zwischen den Versionen

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===Verfolgung der Bewohner durch Nationalsozialisten===
===Verfolgung der Bewohner durch Nationalsozialisten===
Die Nationalsozialisten terrorisierten die in den „Wanderherbergen“ Untergebrachten. Bei der „Bettlerrazzia“ im September 1933 kontrollierten und verhafteten SA, SS und Hilfspolizei dort alle Personen, die sie des Bettelns oder Landstreichens verdächtigten und die von den privaten Fürsorgeorganisationen und staatlichen Wohlfahrtsstellen gemeldet worden waren. Obdachlosen- und Wanderertreffpunkte wie auch die „Wanderherbergen“ wurden systematisch durchkämmt. Die „Hauskarteikarten“ der „Wanderherbergen“ waren hilfreich bei der „Erfassung“ des Personenkreises.
Die Nationalsozialisten terrorisierten die in den „Wanderherbergen“ Untergebrachten. Bei der „Bettlerrazzia“im September 1933 kontrollierten und verhafteten SA, SS und Hilfspolizei dort alle Personen, die sie des Bettelns oder Landstreichens verdächtigten und die von den privaten Fürsorgeorganisationen und staatlichen Wohlfahrtsstellen gemeldet worden waren. Obdachlosen- und Wanderertreffpunkte wie auch die „Wanderherbergen“ wurden systematisch durchkämmt. Die „Hauskarteikarten“ der „Wanderherbergen“ waren hilfreich bei der „Erfassung“ des Personenkreises.


==Die Ingolstädter "Wanderherberge" in der Beckerstraße==
==Die Ingolstädter "Wanderherberge" in der Beckerstraße==
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=== Überlegungen zur Umwandlung ===
=== Überlegungen zur Umwandlung ===
Anfang 1934 waren in der Ingolstädter „Wanderherberge“ kaum mittellose Wanderer beherbergt, weshalb der Stadtrat am 4. Mai 1934 in Erwägung zog, die „Wanderherberge“ einer ''„anderen Verwertung entgegenzuführen“'' und in eine ''„Wanderarbeitsstätte“'' umzuwandeln. Diese Überlegung verwarf der Stadtrat, da der Standort ''„mitten in der Stadt“'' für eine ''„Wanderarbeitsstätte“'' mehrheitlich als ''„ungeeignet“'' erachtet wurde. Die „Wanderherberge“ blieb in ihrer ursprünglichen Funktion weiterhin bestehen.
Anfang 1934 waren in der Ingolstädter „Wanderherberge“ kaum mittellose Wanderer beherbergt, weshalb der Stadtrat am 4. Mai 1934 in Erwägung zog, die „Wanderherberge“ einer ''„anderen Verwertung entgegenzuführen“'' und in eine ''„Wanderarbeitsstätte“'' umzuwandeln. Diese Überlegung verwarf der Stadtrat, da der Standort ''„mitten in der Stadt“'' für eine ''„Wanderarbeitsstätte“'' mehrheitlich als ''„ungeeignet“'' erachtet wurde. Die „Wanderherberge“ blieb in ihrer ursprünglichen Funktion weiterhin bestehen.

=== Bewohner als Opfer der Nationalsozialisten ===
Neben einigen Sinti-Familien, darunter auch die Familien Reichmann und Braun, waren noch weitere Personen mit Wohnsitz in der Beckerstraße 27 gemeldet, die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung wurden. Dabei handelte es sich überwiegend um Menschen, welche die Nationalsozialisten als sogenannte „Arbeitsscheue“ oder „Asoziale“ stigmatisierten und in „Arbeitshäuser“ sowie in Konzentrationslager deportierten. Einer von ihnen war Karl Josef Stromereder (* 13. Juli 1893 in Ingolstadt, † 23. August 1941 im Konzentrationslager Dachau). Zum Gedenken an Karl Josef Stromereder verlegten Schülerinnen und Schüler des Christoph-Scheiner-Gymnasiums im Rahmen eines Schulprojektes vor der Beckerstraße 27 am 21. März 2012 einen Stolperstein.

Version vom 29. November 2024, 11:38 Uhr

Beitrag von Agnes Krumwiede

In der Beckerstraße 27 befand sich bis 1945 eine sogenannte „Wanderherberge“ für gering verdienende Menschen auf Wanderschaft.

Situation im Deutschen Reich

Um gering verdienende Menschen auf Wanderschaft zu unterstützen, wurden ab 1910 flächendeckend Herbergen und Verpflegungsstellen eingerichtet. Seit Ende der 1920er Jahre gab es im Deutschen Reich zahlreiche Arbeitslose auf Wanderschaft. Außerdem zogen Wander- und Saisonarbeiter, Betreiber von fahrendem Gewerbe, Wanderschausteller und Musiker durch Dörfer und Städte. In der öffentlichen Wahrnehmung wurde beim „wandernden Volk“ nicht zwischen den unterschiedlichen Gruppen differenziert. Unter der nationalsozialistischen Herrschaft ab 1933 etablierten sich stigmatisierende Begriffe wie „Bettlerplage“ und „Bettelunwesen“.

Um wandernde Hilfsbedürftige vor der Verelendung zu bewahren, verpflichtete die Reichsfinanzverwaltung (RFV) jeden Ortsfürsorgeverband zur Hilfeleistung in Form von Verpflegung und Unterkunft. Die Kosten trugen die Landesfürsorgeverbände. Sie erstatteten den Ortsfürsorgeverbänden die Ausgaben für mittellose Wanderer ab zehn Reichsmark pro Person und Tag. Eine derart subventionierte Unterkunft für Wanderer boten die sogenannten „Wanderherbergen“.

Verfolgung der Bewohner durch Nationalsozialisten

Die Nationalsozialisten terrorisierten die in den „Wanderherbergen“ Untergebrachten. Bei der „Bettlerrazzia“im September 1933 kontrollierten und verhafteten SA, SS und Hilfspolizei dort alle Personen, die sie des Bettelns oder Landstreichens verdächtigten und die von den privaten Fürsorgeorganisationen und staatlichen Wohlfahrtsstellen gemeldet worden waren. Obdachlosen- und Wanderertreffpunkte wie auch die „Wanderherbergen“ wurden systematisch durchkämmt. Die „Hauskarteikarten“ der „Wanderherbergen“ waren hilfreich bei der „Erfassung“ des Personenkreises.

Die Ingolstädter "Wanderherberge" in der Beckerstraße

In der Beckerstraße 27 befand sich die Ingolstädter „Wanderherberge“, im Erdgeschoss des Gebäudes war das Wirtshaus „zum Poliziner“ untergebracht. Im Innenhof der Beckerstraße 27 hatten zwischen 1920 und 1941 mehrere Sinti-Familien während ihres Aufenthaltes in Ingolstadt Stellplätze für ihre Wohnwagen.

Überlegungen zur Umwandlung

Anfang 1934 waren in der Ingolstädter „Wanderherberge“ kaum mittellose Wanderer beherbergt, weshalb der Stadtrat am 4. Mai 1934 in Erwägung zog, die „Wanderherberge“ einer „anderen Verwertung entgegenzuführen“ und in eine „Wanderarbeitsstätte“ umzuwandeln. Diese Überlegung verwarf der Stadtrat, da der Standort „mitten in der Stadt“ für eine „Wanderarbeitsstätte“ mehrheitlich als „ungeeignet“ erachtet wurde. Die „Wanderherberge“ blieb in ihrer ursprünglichen Funktion weiterhin bestehen.

Bewohner als Opfer der Nationalsozialisten

Neben einigen Sinti-Familien, darunter auch die Familien Reichmann und Braun, waren noch weitere Personen mit Wohnsitz in der Beckerstraße 27 gemeldet, die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung wurden. Dabei handelte es sich überwiegend um Menschen, welche die Nationalsozialisten als sogenannte „Arbeitsscheue“ oder „Asoziale“ stigmatisierten und in „Arbeitshäuser“ sowie in Konzentrationslager deportierten. Einer von ihnen war Karl Josef Stromereder (* 13. Juli 1893 in Ingolstadt, † 23. August 1941 im Konzentrationslager Dachau). Zum Gedenken an Karl Josef Stromereder verlegten Schülerinnen und Schüler des Christoph-Scheiner-Gymnasiums im Rahmen eines Schulprojektes vor der Beckerstraße 27 am 21. März 2012 einen Stolperstein.

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