Kavalier Dalwigk

Aus Stadt Ingolstadt Stadtgeschichtslexikon

(Weitergeleitet von Quartier G - Alte Gießerei)

Das Kavalier Dalwigk mit Wasserturm und Transformatorenhaus im Vordergrund

Beitrag von Gerd Riedel

Das Kavalier Dalwigk steht auf dem „Gießereigelände“, heute „Quartier G - Alte Gießerei“ genannt. Ein Kavalier überragt die ihm benachbarten Festungsbauten und dient der Positionierung der Artillerie. Der Festungsbau wurde zwischen den Jahren 1828 und 1841 errichtet. Heute ist nur noch der Gebäudeteil an der Donau erhalten, ein bogenförmig nach Norden ausgreifender Flügel fehlt. Besonders markant ist der zweigeschossige Wehrbau durch einen 1916/17 auf ihm errichteten Wasserturm und einen Stromverteiler aus dem Jahr 1917.[1]

Das Quartier G - Alte Gießerei

Unter diesem Quartier versteht man heute ein ausgedehntes Areal an der Donau beim Neuen Schloss. Es liegt zwischen der östlichen Ingolstädter Altstadt und dem sie umgebenden Grünring, dem „Glacis“. Auf ihm befinden sich verschiedene Einrichtungen, vor allem die Technische Hochschule Ingolstadt (THI), das Congresshotel, das Digitale Gründerzentrum der Region Ingolstadt (Brigk), die Audi Akademie und das Museum für Konkrete Kunst und Design (MKKD).

Der Wehrbau

Anfang des 16. Jahrhunderts entschlossen sich die bayerischen Herzöge, Ingolstadt zur stärksten Festung ihres Landes auszubauen. Grundsteinlegung war 1539 auf dem heutigen Gießereigelände vor dem Neuen Schloss. Aber schon 1537 hatten die Schanzarbeiten begonnen.[2] Das Donauufer mit seinen Holzverbauungen wurde einfach aufgeschüttet und mit einem mächtigen Festungswerk, der Eselbastei, überbaut.[3] Damals gingen den „Schanzern“ zwei Schubkarren verloren. Sie sind heute im Bayerischen Armeemuseum und im Stadtmuseum als wohl älteste erhaltene Stücke in Europa ausgestellt.

Im Jahr 1800 wurde Ingolstadt von Truppen Napoleons besetzt. Die jahrhundertealten Festungsanlagen wurden gesprengt und eingeebnet. Doch schon bald fiel der Entschluss, Ingolstadt wieder zu befestigen. 1828 legte König Ludwig I. den Grundstein für die neuen Festungswerke südlich der Donau. 1834 folgte die Grundsteinlegung am Nordufer, im zentralen Bollwerk der neuen „Fronte Raglovich“, also erneut auf dem heutigen Gießereigelände.[4] Das Kavalier Dalwigk ist Teil dieses Festungsabschnitts. Angebaut war die „Neue Eselbastei“,[5] deren „Negativabdruck“ noch an der Donaufassade des Kavaliers Dalwigk und deren Fundamente auf der Terrasse vor dem Kavalier erkennbar sind.

Der Industriebau

Das Kavalier Dalwigk beim Abbruch des Nordflügels

Zwischen 1882 und 1885 entstand auf der Fronte Raglovich die Königlich Bayerische Geschützgießerei und Geschossfabrik, einer der armeegeführten bayerischen Rüstungsbetriebe.[6] Ingolstadt war endgültig zur Militärstadt, zur „Schanz“ geworden. Das Kavalier Dalwigk wurde nun als Industriebau genutzt und bekam einen Wasserturm[7] und ein Transformatorenhaus als Aufbauten.

Die erzwungene Umstellung auf Zivilproduktion nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg gelang in Ingolstadt. Aus den Rüstungsbetrieben entstand ein weltweit agierender Lieferant für Gussteile und Spinnereimaschinen, die „Deutsche Spinnereimaschinenbau AG Ingolstadt“ (DESPAG).[8] Vor der AUDI AG war sie der größte Arbeitgeber in Ingolstadt. Das Kavalier Dalwigk verlor 1925 seinen gesamten Nordflügel, der mit modernen Industriegebäuden überbaut wurde. Am 28. Juli 1995 wurde jedoch der letzte Gussofen auf dem Gießereigelände abgeschaltet. Die Werkstore schlossen am 15. Februar 1996.[9]

Heute ist das Gießereigelände ein Campus für Forschung, Kreativität und Innovation. Im Kavalier Dalwigk ist seit 2016 das digitale Gründerzentrum Brigk untergebracht, Heimat für „Entrepreneure und Kreative, digitale Nomaden und Startups“.

Fußnoten

  1. Becker; Grimminger; Hemmeter (2002), S. 95.
  2. Fuchs (1939), S. 33.
  3. Ebd., S. 42.
  4. Aichner (2002), S. CXI.
  5. Bauer (1998), S. 223.
  6. Massl (1996), S. 22f.
  7. Ebd., S. 55f.
  8. Pohl (2019).
  9. Massl (1996), S. 236.

Quellen

Archäologische Ausgrabungen. Zentrum Stadtgeschichte A7774, A7775

Literatur

  • Aichner, Ernst: Die bayerische Landesfestung in Ingolstadt. In: Frank Becker, Christina Grimminger und Karlheinz Hemmeter (Hrsg.): Stadt Ingolstadt. Ensembles, Baudenkmäler, archäologische Denkmäler. 2 Bände. München 2002 (Denkmäler in Bayern, Bd. I.1).
  • Bauer, Karl: Die Fronte Raglovich. In: Sammelblatt des Historischen Vereins Ingolstadt, Jg. 107 (1998), S. 223–257. Online verfügbar unter https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00045624?page=220,221, zuletzt geprüft am 23.10.2023.
  • Becker, Frank; Grimminger, Christina; Hemmeter, Karlheinz (Hrsg.): Stadt Ingolstadt. Ensembles, Baudenkmäler, archäologische Denkmäler. Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege. 2 Bände. München 2002 (Denkmäler in Bayern, Bd. I.1).
  • Fuchs, Reinhard: Die Befestigung Ingolstadts bis zum 30-jährigen Krieg. Würzburg 1939.
  • Massl, Erich: 110 Jahre Ingolstädter Gießereigeschichte. "Mir war'n scho wer!". Ingolstadt 1996.
  • Pohl, Martina: Vom königlich bayerischen Rüstungsbetrieb zum Schweizer Globalplayer. In: Martina Pohl, Gerd Riedel und Stephanie Righetti-Templer (Hrsg.): Schwarze Kunst in Ingolstadt. 110 Jahre Gießereigeschichte : Begleitheft zur Ausstellung Schwarze Kunst in Ingolstadt 26. November 2019 bis 1. März 2020. Büchenbach 2019, S. 19–21.

Empfohlene Zitierweise

Riedel, Gerd: Kavalier Dalwigk. Hrsg. v. Zentrum Stadtgeschichte Ingolstadt. 2023 (Stadtgeschichtslexikon). Online verfügbar unter https://stadtgeschichtslexikon.ingolstadt.de/wiki/Kavalier_Dalwigk (Version vom 30.10.2023), zuletzt geprüft am 08.12.2025.

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